Nicht nur an Karneval, aber gerade dann kommen sie zum
Einsatz: kleine Gläser, in denen Schnaps serviert wird. Eine Umfrage für den
Atlas deutscher Alltagssprache (AdA) aus dem Jahr 2017 hat gezeigt, dass die
gängigste Bezeichnung in den deutschsprachigen Ländern Schnapsglas ist, wobei der bairische Raum mit Stamperl davon abweicht. Die Karte im AdA zeigt für NRW eine
Mischung aus Schnapsglas, Pinn(t)chen und Pinneken. Damit vergleichbar sind auch die PALAVA-Ergebnisse. Pinn(t)chen und Pinneken sind Varianten voneinander, wobei die Endung -chen hochdeutsch ist, die Endung -ken die nicht-lautverschobene
niederdeutsche Form. Normalerweise ist die Benrather Linie die Grenze zwischen
diesen Formen, jedoch nicht in diesem Fall: sowohl auf unserer als auch auf der
Karte im AdA ist deutlich zu sehen, dass die Varianten mit -chen auch im Bergischen Land, dem
Ruhrgebiet und im Münsterland verbreitet sind und die -ken-Gebiete im Westen und Osten voneinander trennt. Das liegt wohl
daran, dass sich der Regiolekt in diesen Gebieten sehr am Standarddeutschen
orientiert und die niederdeutsche Form verhochdeutscht wurde. Vereinzelt taucht
auch Pinn ohne Verkleinerung auf. Pinn ist ein Dialektwort, das sich auf
eine kurze, spitze Form bezieht. Etymologisch geht es auf lat. pinna ‚Feder; Zinne; Pfeil‘ zurück.
Unsystematisch sind Stamper
und Varianten davon verbreitet, darunter auch das oberdeutsche Stamperl. Stamper, Stumpen und
ähnliche Begriffe leiten sich ebenfalls von der kurzen, kompakten Form der
Gläser ab – oder aber davon, dass man sie nach dem Austrinken aufstampfen kann.
Vor allem im Süden von NRW, aber auch in anderen Regionen
nannten Gewährspersonen (Schnaps-)Glas, häufig auch mit Verkleinerung.
Aus der Eifel wurden Dröppchen/Drüppchen (von Rip. Drüpp ‚Tropfen‘, RhWb) und Flöjelche/Vüjelche (‚Flügelchen‘/‚Vögelchen‘)
gemeldet. Der Zusammenhang zwischen Schnapsgläsern und Vögeln ist vielleicht
verniedlichend aufzufassen: Das kleine Glas „fliegt“ zum Mund hin und wieder
zurück.
Vereinzelt ist das umgangssprachliche Kurze vertreten, das natürlich ebenfalls die Gestalt der Gläser
beschreibt.
Shotglas kann
ebenfalls nicht geographisch fest verordnet werden, dafür aber demographisch:
das englische Lehnwort ist besonders verbreitet bei Personen, die in den
90er-Jahren und später geboren wurden. Unter Sonstiges fallen alle Begriffe,
die nur einmal genannt wurden und in keine der Kategorien eingeordnet werden
können.
Literatur:
AdA = Elspaß, Stephan & Robert Möller.
2003ff. Atlas zur deutschen Alltagssprache (AdA). [https://www.atlas-alltagssprache.de/r11-f4b/].
DWDS – Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache. Das
Wortauskunftssystem zur deutschen Sprache in Geschichte und Gegenwart, hrsg. v.
d. Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften,. [URL: https://www.dwds.de/].
Rheinisches Wörterbuch, digitalisierte Fassung
im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/23. [URL:
https://www.woerterbuchnetz.de/RhWB].