Sprachkarten

Die Karten bilden die Antworten pro Ort als Kreisdiagramm ab. Dadurch wird sichtbar, welche Antwort wir an einem Ort am häufigsten erhalten haben und andere Nennungen fallen nicht unter den Tisch. Manchmal beruhen diese Diagramme auf sehr vielen Antworten (v.a. in den städtischen Gebieten) und manchmal auch nur auf sehr wenigen oder nur einer Antwort. Falls dein Ort noch nicht dabei ist oder dein eigener Sprachgebrauch fehlt, beantworte gerne noch einige Fragen!

Für die Beschreibung eines unordentlichen Zimmers sind in Nordrhein-Westfalen viele verschiedene Metaphern und Vergleiche bekannt. Unter den 2818 Einreichungen fanden sich 203 verschiedene Ausdrücke. Die häufigsten haben wir in unserer Karte dargestellt.

Die Redensart Hier siehts aus wie bei Hempels wurde mit Abstand am häufigsten (2264 Nennungen) und in über 30 Varianten genannt. Neben der gängigsten Form wie bei Hempels unterm Sofa (1925 Nennungen) wurden auch bei Hempels hinterm Sofa (33 Nennungen) und bei Hempels unterm Bett (49 Nennungen) erwähnt. Auch andere Orte, bspw. unterm Dach, unterm Teppich, unterm Tisch und unterm Kleiderschrank waren Bestandteil der Redewendung. Ebenso hat teilweise der Name Hempels variiert, so fanden sich auch Krempels, Hemprechts, Hampels oder Drempels. Der Ursprung der in ganz Nordrhein-Westfalen verbreiteten Redewendung ist nicht eindeutig geklärt. Eine populäre Erklärung geht auf eine Anekdote zurück, die Carl Hagenbecks Sohn erzählt haben soll (vgl. Krüger-Lorenzen 2001: 422): Ein Schausteller namens Hempel habe um 1900 seinen Müll unter dem Wohnwagen entsorgt, was schließlich zu seinem Ausschluss vom Platz führte – zurück blieb der Ausdruck „wie bei Hempels unterm Wohnwagen. Eine andere Deutung verweist auf eine scherzhafte Ableitung von Hampel, einem frühneuhochdeutschen Wort für einen tölpelhaften Menschen (vgl. DWb).

Die Bezeichnung Saustall (328 Nennungen, auch Schweinestall) wurde bereits ab dem 16. Jahrhundert im übertragenen Sinne für besonders schmutzige oder chaotische Räume verwendet (vgl. DWb). Die metaphorische Bedeutung liegt auf der Hand: Schweine wühlen im Dreck, ihre Ställe galten traditionell als unsauber und unaufgeräumt. Auch die Adverbialbestimmung wie Sau hat sich daraus abgeleitet (vgl. DWDS).

Kriegsmetaphern fanden ebenfalls Eingang in die Alltagssprache, wenn es darum geht, ein vollkommen verwüstetes Zimmer zu beschreiben (98 Nennungen). Neben allgemeineren Bildern wie (Hier sieht’s aus wie) auf dem Schlachtfeld oder auf dem Handgranatenwurfstand finden sich auch konkrete Bilder der Zerstörung wie Hier siehts aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen oder (Hier sieht’s aus wie) Dresden '45. Solche Metaphern erzeugen starke visuelle Assoziationen und dramatisieren die Situation, indem sie auf Bilder von Zerstörung, Unordnung und Verwüstung zurückgreifen.

Die Redensart (Hier siehts aus wie) bei den Hottentotten (56 Nennungen) entstammt einem kolonialistischen Sprachgebrauch, in dem die Khoikhoi – eine indigene Volksgruppe im südlichen Afrika – als „wild“ und „unordentlich“ stigmatisiert wurden. Die Bezeichnung „Hottentotten“ wurde erstmalig von den Buren benutzt und ist seit dem 17. Jahrhundert belegt. Im nördlichen Dialekt des Afrikaans bedeutet hottentots ‚Stotterer‘ (vgl. DWDS 2018). Dies bezieht sich auf die Klick- und Schnalzlaute, welche in den Sprachen der Khoikhoi vorkommen. Vermutlich klangen diese Laute ungewohnt für die Buren, sodass sie die indigenen Sprachen als Gestotter empfanden und der Ausdruck „hottentots“ verwendet wurde. Der Begriff „Hottentotten“ stellt somit eine abwertende Fremdbezeichnung dar, die auf kolonialen Stereotypen beruht und rassistische Klischees transportiert. Bei der Gründung der Kolonie Deutsch-Südwestafrika übernahmen die deutschen Kolonialherren den Begriff als Sammelbezeichnung für die dort lebenden Khoikhoi oder Nama in die deutsche Sprache. Auch nach der Kolonialzeit wurde die Bezeichnung auch benutzt, um Menschen mit vermeintlich unterlegener Kultur oder fehlenden intellektuellen Fähigkeiten abzuwerten (vgl. Postkoloniales Wörterbuch). Im umgangssprachlichen Gebrauch steht „Hottentotten“ für Unordnung und Unzivilisiertheit, was die oben genannte Redewendung verdeutlicht. Damit ist der Begriff auch heute noch negativ konnotiert.

Die sog. „Paarformel“ Kraut und Rüben (39 Nennungen) stammt aus der Landwirtschaft, auch, wenn die genaue Herkunft nicht geklärt ist. Verschiedene mögliche Erklärungen (Duden GW): Kohlkraut und Kohlrüben wurden früher häufig gemeinsam angebaut, anders als andere Pflanzen, die geordnet und in Reihen gepflanzt wurden. Diese enge, ungeordnete Mischung steht sinnbildlich für ein heilloses Durcheinander. Auch kann sich das sprachliche Bild am Aussehen eines Rübenackers nach der Ernte beziehen, auf dem die abgeschnittenen Blätter der Pflanze und die Rüben durcheinanderliegen. Oder die Wendung nimmt Bezug auf ein Eintopfgericht, bei dem Kraut (= Kohl) und Rüben zusammen gekocht werden. Das Idiom ist schon sehr alt und reicht in der heutigen Bedeutung mindestens bis ins 17. Jahrhundert zurück (DWb).

Der Ausdruck wie Hulle (27 Nennungen) ist in NRW ebenfalls geläufig, seine Herkunft jedoch unklar. Ein Zusammenhang mit älteren Bedeutungen des Wortes Hulle – etwa als ‚Kopftuch‘, ‚Schale‘ oder ‚Hülle‘ (vgl. RhWb) – ist nicht belegbar. Handeln könnte es sich auch um eine lautliche Variante von ‚wie Hölle’.

Literatur:

DWb = Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/23, <https:// www.woerterbuchnetz.de/DWB>, abgerufen am 14.04.2025.

Duden GW = Scholze-Stubenrecht, Werner (Hrsg.): Duden. Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden / Bd. 5: Impu - Leim (1999). Mannheim: Dudenverlag.

Krüger-Lorenzen, Kurt (2001): Deutsche Redensarten und was dahinter steckt. München: Heyne Verlag.

RhWb = Rheinisches Wörterbuch, digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/23, < https://www.woerterbuchnetz.de/RhWB>, abgerufen am 14.04.2025.

DWDS = Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/>, abgerufen am 14.04.2025.